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Nicht
der Ton, sondern der Klang macht die Musik.
Die
Partitur einer Beethoven-Symphonie kann als Textfile in wenigen
Kilobyte abgespeichert werden. Der Rest ist Klang.
Wenn auf einem Cello auch nur ein einzelner Ton angespielt wird, entsteht
ein Klang und ein Gefühl. (Über ein Küchenradio abgespielt, hätte
man eher das Gefühl, es sei eine technische Störung gewesen. So
einfach kann der Unterschied zwischen HiFi und Nicht-HiFi sein.)
Die
Klänge der Musik sind das Können von Instrumentenbauern und
Musikern.
Davon
etwas zu erkennen, ist ein
persönlicher Gewinn. Solche Leistungen anzuerkennen, ein
Ausdruck von Wertschätzung. (Nach unserer Meinung ist es anmaßend, "diese
klanglichen Kleinigkeiten" für unwichtig zu erklären, nach
dem
Motto "für das, was die da machen, reicht auch das Autoradio".)
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Klänge
berühren.
Auch ganz
wörtlich: Das Ohr ist empfindlich für Berührung. Sehr empfindlich
sogar: Auslenkungen werden im Nanometerbereich registriert und an der
Grenze, ab der wir den Aufprall der Luftmoleküle als Rauschen hören
würden.
Vielleicht
reagieren wir auch deshalb so sensibel auf Klänge, weil Schallwellen
mechanische Berührungen sind, die von Dingen in unserer Umgebung
ausgehen.
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Jeder
Klang ist ein Ereignis.
Das
Auge kann auch das Bild einer stillstehenden Umgebung wie ein Foto
abbilden. Für das Ohr ist eine statische Szene dagegen schwarz und
stumm ("still-stehend").
Schallwellen
entstehen erst dann, wenn sich etwas bewegt oder verändert. Dann
bekommen wir blitzschnell die Meldung, dass sich da gerade etwas
ereignet hat. (Übrigens mit wesentlich höherer zeitlicher,
spektraler und dynamischer Auflösung als es das Auge kann. Auch bei
Menschen, die sich rühmen, "klangliche Feinheiten" nicht
zu hören.)
Wir
wollen keine Gegenstände hören, sondern Abläufe und Ereignisse und
wollen wissen, was sich da gerade "abspielt", ob es
beachtenswert oder belanglos ist.
Wir
wollen kein Klavier hören, sondern seine Aktion und Interaktion mit
dem Pianisten. Dabei hören wir ziemlich alles, was in und an dem
Flügel schwingt und klingt. Und in diesem großen akustischen Bild
erkennen wir viel mehr, als wir von außen sehen können.
So
viel mehr, dass wir keine Großaufnahme der Finger des Pianisten dazu
brauchen. Auch seine Stimmung können wir in den Klangbildern besser
erkennen, als in einem Video seiner Mimik.
Mit
guten Lautsprechern kann man Klänge auch ohne Video erleben und manchen stört es sogar, wenn beim Hören der Kopf
auf einen Bildschirm fixiert wird.
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Klänge
lügen nicht
Ein
Geräusch oder Klang erreicht uns auf Hunderten von "Schallkanälen"
gleichzeitig von jedem Punkt der klingenden Musikinstrumente. Und auf
jedem dieser "Kanäle" ändern sich ständig Stärke,
Spektren und Verkopplungen der verschiedenen Schwingungen. Eine
solche Signatur sagt sehr genau, was gerade das Ereignis war und wer
es verursacht hat.
So
ist auch das "Geheimnis der Stradivari" kein Geheimnis,
sondern das Wunder von Vielfalt und Komplexität, die sich nicht mehr
in Einzelaspekten beschreiben lässt.
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Die
"Macht der Klänge"?
Die
Wirkung von Klängen ist bekannt und so stark, dass sie schon unheimlich erscheinen kann.
Die
Klarheit unserer Lautsprecher kann einen Teilaspekt dieser Macht
aufklären: Indem wir immer weiter in das akustische Bild
"hineinzoomen", erkennen wir immer mehr Details und merken,
dass es dort zwar eine enorme Vielfalt und Komplexität, aber keine
geheimen Kräfte gibt. So entsteht durch Aufklärung zuerst
Respekt vor Komplexität und dann Freude an Überraschungen.
Auch bei Klängen schwindet das Unbehagen vor Unbekanntem, das bei weniger Aufgeklärten oft in Ablehnung endet.
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Sound,
sweet Sound
Wie
anders ist der Diskurs, wenn es nicht
um Klang, sondern um Klangwiedergabe geht:
"Unterschiedlicher
als der ( ... )
und
der ( ... )
kann
sich Klang kaum entfalten. Beide klingen gut, aber eben vollkommen
unterschiedlich. Dass beide aus demselben Hause stammen, würde man
in einem Blindtest wohl kaum vermuten".
(spiegel-online,
27.03.2023).
Die
Stiftung Warentest bewertete einmal in einem Vergleichstest alle
zwanzig Boxenpaare trotz großer Klangunterschiede mit "gut"
und wies darauf hin, dass man sie vor dem Kauf eben selbst anhören
und nach persönlichem Geschmack entscheiden solle.
In
der Werbung gab es einmal Aussagen in dem Sinn "Wir haben den
Sound, der zu ihnen passt".
Bei
Geräten im Bereich "High-End" werden die Unterschiede
nicht etwa kleiner, sondern eher größer.
Würde man die "Fortschritte" und "Klangsensationen",
die in den letzten zwanzig Jahren verkündet wurden,
aufsummieren,
käme eine Zahl
zusammen, die etwa
zur Auflage der so verkauften Organe passt.
Offenbar
ist die Meinung verbreitet, Lautsprecher sollten einen Klang
besonders angenehm, effektvoll oder so gestalten, dass er gut zu
einer bevorzugten Musikrichtung passe. Der Diskurs in Internetforen
und Magazinen bezieht sich dann auf die jeweilige Klanggestaltung,
gelegentlich im Stil von Castingshows unter der Moderation von
Influenzern.
Dass
Klangwahrnehmung subjektiv ist, heißt nicht, die Klänge selbst seien beliebig oder manipulierbar.
Sie
nennen es HiFi, vielleicht ist es aber Anpassung an den Geschmack
bestimmter Zielgruppen. Das wäre auch nicht zu kritisieren, denn der
Kunde soll das bekommen, was er wünscht und über Geschmack ist
nicht zu diskutieren.
Vielleicht
kamen die besten Geräte aber manchmal von Herstellern, die unter "Zielgruppe" nicht eine Gruppe
verstehen auf die man zielt, sondern die Gruppe, mit der man ein
gemeinsames Ziel hat. Selbst dann, wenn diese Gruppe nur eine
Minderheit ist.
HiFi
mag wie Hochkultur und Aufklärung nur das Anliegen einer Minderheit
sein. Aber jeder Mensch ist eine Minderheit und die Ergebnisse nutzen
später auch denjenigen, die mehr Ansprüche stellen als Anspruch zu
haben.
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Lautsprecherklang, anders betrachtet.
Wenn
wir einen Lautsprecher hören, dann hören wir eigentlich zwei
verschiedene Schallquellen gleichzeitig. Wir hören also nicht zu
wenig, sondern zu viel:
Wir
hören klar und sauber ein Cello und gleichzeitig ebenso
eindeutig eine Box.
Erkennen
wollen wir aber eindeutig, was da tönt und nicht zwei
Klangquellen, die sich pausenlos streiten, wer die richtige sei.
Zur
Klärung gibt es zwei Möglichkeiten:
Man
kann in den Sound-Baukasten greifen und eine Box komponieren, die
noch besser klingt als ein Cello. (Box gewinnt.)
Oder man
kann den Eigenklang der Box so weit verkleinern, dass fast nichts
mehr von ihm übrig ist. (Cello gewinnt.)
Wir
gehen den zweiten Weg.
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