"Sound,
sweet Sound"
"Unterschiedlicher
als der (
... )
und der (
... )
kann sich Klang kaum entfalten. Beide klingen gut, aber eben
vollkommen unterschiedlich. Dass beide aus demselben Hause stammen,
würde man in einem Blindtest wohl kaum vermuten".
(spiegel-online,
27.03.2023).
Die
Stiftung Warentest bewertete einmal
in einem Vergleichstest
alle Boxen trotz großer
Klangunterschiede mit "gut"
und wies darauf hin, dass man
sie vor dem Kauf selbst
anhören und nach persönlichem Geschmack entscheiden solle.
In
der Werbung gibt es
Aussagen in dem Sinn
"Wir haben den
Sound,
der zu ihnen passt".
Bei teuren Geräten im
Bereich "High-End"
werden die
Unterschiede interessanterweise nicht etwa kleiner, sondern eher
größer.
Offenbar
ist die Meinung verbreitet, Lautsprecher sollten einen Klang
besonders angenehm, effektvoll oder so gestalten, dass er gut zu
einer bevorzugten Musikrichtung passe. Der Diskurs in Internetforen
und Magazinen bezieht sich dann auf die jeweilige Klanggestaltung,
gelegentlich im Stil von Castingshows und mit Hilfe von Influenzern.
Dass Klangwahrnehmung subjektiv ist, heißt aber nicht, sie
sei beliebig oder gar manipulierbar.
Sie
nennen es HiFi, vielleicht ist es aber Anpassung an den
Geschmack bestimmter Zielgruppen. Das wäre auch nicht zu
kritisieren, denn der Kunde soll das bekommen, was ihm gefällt
und über Geschmack ist nicht zu diskutieren.
Vielleicht
kamen die besten Geräte aber manchmal von ambitionierten
Herstellern, die unter "Zielgruppe" nicht eine Gruppe
verstehen auf die man zielt, sondern die Gruppe, mit der man ein
gemeinsames Ziel hat. Selbst dann, wenn diese Gruppe nur eine Minderheit ist. HiFi
mag wie Hochkultur und Aufklärung nur das
Anliegen einer
Minderheit sein. Aber jeder Mensch ist eine Minderheit und die
Ergebnisse nutzen auch denjenigen, die mehr Ansprüche stellen als
Anspruch zu haben.
Und es gibt auch Gründe, die gegen artefakte
Klanggestaltung sprechen:
Ein
Lautsprecher-Eigenklang bleibt stets gleich und wird auf Dauer
monoton und langweilig. Es fehlen dann Vielfalt und die
überraschenden Klänge, die in den meisten Aufnahmen enthalten sind.
Überraschungen sind es aber, die ein Erlebnis ausmachen und
Erlebnisfähigkeit ist die Grundlage von Lebensqualität.
Aus
technischen Gründen verschlechtert Klanggestaltung im Lautsprecher
die Auflösung und die korrekten dynamischen Abstufungen.
Lautsprecher,
die für eine bevorzugte Musikrichtung ausgelegt sind, werden die
Musikauswahl immer wieder in diese Richtung lenken. So wird die
Freiheit, einen Lautsprecher nach Geschmack auszusuchen zu einer
Beschränkung von Freiheit der Musikauswahl. Für die Musikart
"easy listening" z.B. mag eine HiFi-Wiedergabe unnötig
erscheinen. HiFi kann aber zeigen, dass nicht nur
Breite, sondern auch Tiefe existiert. Der
Leitspruch des Gewandhausorchesters "verum gaudium res severa
est" könnte auch über der HiFi-Technik stehen und wir
verstehen "res severa" als "ernsthaftes Anliegen".
Unterkomplexe Wiedergabe durch Lautstärke ausgleichen zu wollen, führt
bei Pegeln jenseits von etwa 90 dB lediglich zu Hörschäden
auch im medizinischen Sinn.
An
viele Klanggestaltungen werden wir uns gewöhnen, sie dann für
richtig halten und nicht vermissen, was wir nicht mehr kennen.
Gewöhnung muss aber nicht Zufriedenheit sein.
Auch
beim Hören stehen Wahrnehmung, Denken und Fühlen im
Kontext und können sich gegenseitig entweder fördern oder
abstumpfen. HiFi-Liebhaber sind also keine "Spinner", sondern haben
beim Musikhören erkannt, dass Zuhören mehr ist als Hören
und dass bei der Musik Achtsamkeit, Sensibilität und Erlebnistiefe
durch die Klarheit der Klangwiedergabe bestimmt werden.
Sinneseindrücke
sind es, die unser Denken mit der Welt
verbinden,
dem Denken erst seinen
"Sinn" geben.
Gerade
unser
Gehör
hat
erstaunliche Fähigkeiten:
Von
der (mechanischen) Spektralanalyse über die extreme Dynamik bis zur
zeitlichen Auflösung und der Datenauswertung im Gehirn hat die Natur
hier einen besonders hohen Aufwand getrieben. Man darf annehmen, dass
das wichtig ist, denn die Evolution verschwendet keine Ressourcen.
(Das
Wort "dumm" kommt von mhd. "tump", für
"verdunkelt,
mit stumpfen Sinnen").
Wer
sich
rühmt, auch mit mittelmäßiger
Klangwiedergabe hören zu können, übertreibt meist. Man kann nur die eigene Sensibilität reduzieren, nicht das Gehör. Zudem würde man die
Arbeit von Musikern und Instrumentenbauern
weitgehend verachten.
Sinne
sind es auch, die unser Denken mit Emotionen und Handlungen
verbinden. Sie haben nämlich einen direkten
(oft privilegierten) Zugang zu unserem Unterbewusstsein und der
Hörsinn
kann sogar unmittelbar körperliche Reaktionen auslösen. Nach
unserer Meinung wäre allein dieser Aspekt hinreichend, sich
mit der Qualität von Klangwiedergabe zu befassen.
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